Autor:
Lesedauer ca. 4 min.

Averblack – Gaslighting Asylum

Künstler:

Averblack

Herkunft:

Troisdorf, Deutschland

Bandmitglieder:

Fabian Schmiedel (Gesang)
Malte Nöhrbaß (Gitarre und Backgroundgesang)
Frederic Denuell (Gitarre)
Paul Neugebauer (Bassgitarre)
Robin Winkler (Schlagzeug)

Link:

Album:

Gaslighting Asylum

Genre:

Modern Metal, Progressive Metal, Progressive Metalcore

Erscheinungsdatum:

13.03.2023

Tracklist:

1. Asylum
2. Hateraiser
3. Agonizing Anxiety
4. Matrizid
5. Mortal Reflection
6. Konsum
7. Karoshi
8. Ventil
9. Immortal Death

Nachdem ich Averblack vor ungefähr neun Monaten live erleben durfte, wird es langsam Zeit für neues Material für den heimischen Player. Da trifft es sich doch aber mal so was von gut, dass die fünf am 13.03. ihr Album Gaslighting Asylum veröffentlichen. Es ist nach Torn Between Two Hells (2016) und The Downfall Show (2019) das dritte in der Diskografie der Rheinländer. Das Veröffentlichungsdatum ist wohl mit Bedacht gewählt, denn es liegt genau zehn Jahre nach dem Gründungsdatum von Averblack. Den Drei-Jahres-Rhythmus für ihre Veröffentlichungen halten sie damit auch fast ein. Drei Songs hat das Quintett bereits rausgehauen und damit auch einen Einblick in die Geschichte gegeben, die sie mit Gaslighting Asylum erzählen wollen. Die könnte auch sehr gut als Drehbuch für einen Horrorschocker dienen, denn es geht um die individuellen Geschichten verschiedener Insassen einer Nervenheilanstalt. Hinter deren verschlossenen Türen wird nicht etwa versucht, den Patienten zu helfen, sondern sie erleben dort psychischen Terror und Gewalt.

Im sehr umfangreichen Pressekit – Danke dafür! – gibt’s auch ein mehrseitiges Dokument, in dem ausführlich beschrieben wird, worum es in den einzelnen Songs geht. Da läuft mir schon beim Lesen teilweise ein Schauer den Rücken runter. Tatsächlich Stoff par excellence für einen finsteren Horrorfilm. Aber nicht nur mit Worten können Averblack punkten, sie setzen das tatsächlich auch musikalisch sehr geil um. In den instrumentalen Opener Asylum schleichen sich schon ziemlich schnell Dissonanzen und menschliche Leidensschreie in die schönen symphonischen Klänge, das Grauen beginnt. Und dann macht Hateraiser seinem Namen alle Ehre. Es ist mit 3:15 Minuten der kürzeste Song auf Gaslighting Asylum, und Averblack nehmen angesichts dessen ordentlich Tempo auf. Der Song wartet sowohl mit einem sehr schönen und super melodisch klingenden Riff als auch einem krassen Solo auf, um zu erzählen, was passiert, als ein Patient vergisst, sein Medikament einzunehmen. Auch in Agonizing Anxiety geht es um verschiedene Stadien einer psychischen Erkrankung, die aber hier von den Mitarbeitern des “Asylums” verursacht und aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt werden. Das kriegen Averblack musikalisch allein durch die unterschiedlichen Gesangsstile sehr geil rübergebracht.

Drei Songs auf Gaslighting Asylum sind in deutscher Sprache, der erste ist Matrizid, mit dem auch zum ersten Mal die Fünf-Minuten-Marke überschritten wird (das kann das Quintett aber noch toppen). Der Begriff steht für die Tötung der Mutter durch die eigene Tochter oder den eigenen Sohn. Wie Averblack es auch hier schaffen, die Vorgeschichte, die zu dieser Tat führt, zu vertonen, ist bemerkenswert. In Mortal Reflection geht es mal nicht um die Insassen des “Asylums”, sondern um die persönlichen Erlebnisse eines der Bandmitglieder. Der Kontrast zwischen Shouts, Screams und Growls und den Clean Vocals im Chorus, die dann auch noch von so einem wunderbaren Gitarrenspiel begleitet werden, macht die innere Zerrissenheit fast greifbar.

Der zweite in Deutsch gesungene Song ist, der Titel verrät es schon, Konsum. Das bedarf wohl keiner weiteren Erklärung, und auch ich kann mich da nicht komplett ausnehmen. Den Songtitel Karoshi habe ich bereits drei Mal auf meiner Festplatte, denn auch die Bands Tarasque, Isaac Vacuum und In Dreams Of Reality haben dieses Wort bereits zum Songtitel gemacht. Es kommt aus Japan und bezeichnet dort den Tod durch Überarbeitung. Der Patient im “Asylum” konnte zwar noch rechtzeitig eingeliefert werden, sieht aber ohne seine Arbeit keinen Sinn mehr. Mit etwas über sieben Minuten ist das der zweitlängste Track des Albums, und (nicht nur) das etwas über eine Minute lange instrumentale Intro nutze ich, um wieder einmal das sehr hohe technische Niveau zu bewundern, das die Instrumentenfraktion durchgängig an den Tag legt. Sehr cool auch, wie’s immer mal wieder kurz in Richtung Heavy / Power Metal geht, ohne den Core-Anteil zu vernachlässigen.

Mit dem dritten deutschsprachigen Titel, Ventil, sind wir schon beim vorletzten Song des Albums, wobei immer noch knapp 15 (!!) Minuten vor uns liegen, bis der letzte Ton verklingt. Das Ventil, das dem Song seinen Namen gab, öffnet sich leider bei dem depressiven Patienten, um den es hier geht, nicht. Hier nehmen Averblack dann auch immer mal wieder was an Tempo raus, was sehr gut zu der Dunkelheit und der nur noch schemenhaft erkennbaren Außenwelt passt, die die Gedanken dieses Patienten umgeben. Mit dem letzten Song Immortal Death überschreiten Averblack dann die Zehn-Minuten-Marke, und ich bin sehr gespannt, ob das nicht doch zu lang ist. Eigentlich enthält der Songtitel ja einen Widerspruch, denn bei “Immortal” gibt’s keinen “Death”. Aber gerade diese Widersprüchlichkeit ist die Essenz. Gerade in der aktuellen Zeit wird man immer wieder mit dem Tod konfrontiert, und viele haben Angst davor, nach ihrem Tod vergessen zu werden. So geht es auch dem Protagonisten in diesem Song, der nicht sterben will, aber schlussendlich einsieht, dass der Tod für ihn eine Erlösung sein wird. Ähnlich, wie schon in Agonizing Anxiety wechseln Averblack auch in diesem Song die Perspektive und erinnern uns daran, dass irgendwann jedes Leben zu Ende geht und wir darum im Hier und Jetzt leben sollten. Und das packen sie, der Länge des Songs entsprechend, vor allem in furiose Instrumentalparts, in denen ich gar nicht weiß, wen ich mehr bewundern soll: die Flitzefinger der Saitenfraktion oder Robin, der hier immer mal wieder mit Doublebase und sogar Blastbeats auftrumpft.

Falls ihr die vorangegangenen Absätze übersprungen habt (oder seid ihr tatsächlich bis hierher drangeblieben? 😀 ) ich kann euch alle beruhigen. Auch wenn man die Geschichten, die in den Tracks erzählt werden, nicht kennt, kann Gaslighting Asylum richtig gut unterhalten. Averblack zelebrieren regelrecht die Spielarten des Progressive Modern Metal / Progressive Metalcore, und das machen sie auf sehr hohem Niveau. Wie ich schon in meinem Konzertbericht zum Core Explosion IV in Düren schrieb, ist das Quintett allein schon vom Gesang her breit aufgestellt. Während Fabian mit sehr geilen Screams, Shouts, Growls UND Clean Vocals punkten kann, liefert Malte ebenfalls richtig gute Vocals. Und wie gerade zu Immortal Death geschrieben, kann auch die Instrumentenfraktion mit ihrer langjährigen Erfahrung zu einem Höhenflug nach dem anderen ansetzen.

Unser Fazit

Tja, jetzt ist mein Review länger geworden, als geplant. Da fällt mir zum Fazit eigentlich nichts wesentlich Neues mehr ein. Aber auch, wenn es Averblack ja schon seit knapp 10 Jahren gibt, bin ich tatsächlich überrascht, auf welch’ hohem Niveau sich das Quintett bewegt. Die machen das ja nicht hauptberuflich und können rund um die Uhr proben oder Songs schreiben. Genau wie bei unserem SYLB-Team läuft das alles neben Beruf, Familie, anderen Hobbies (falls man dafür noch Zeit hat). Und dass die fünf sich auch an den Spruch halten “Stillstand ist Rückschritt”, hört man den Songs auf “Gaslighting Asylum” definitiv an.

Unsere Wertung

8.5 von 10.0

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