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Lesedauer ca. 6 min.

Core Explosion IV am 11.06.2022 im MultiKulti, Düren

Eventname:

Core Explosion IV

Künstler:

Among Traitors, Averblack, Trist, Among The Accursed, Each Living Lie

Ort:

MultiKulti, Düren

Datum:

11.06.2022

Genre:

Metalcore, Melodic Hardcore, Modern Metal, Hardcore Punk

Veranstalter:

Allein hier im Ruhrgebiet finden an jedem Wochenende zahlreiche Veranstaltungen statt, und meistens muss ich auch nicht sonderlich weit fahren. Heute ist das anders, denn es geht nach Düren. Google Maps sagt, die Fahrt dauert knapp 1,5 Stunden, und da ich gern auf der sicheren Seite bin, schlage ich noch einmal eine halbe Stunde drauf, damit ich wirklich pünktlich zum Einlass am Multikulti bin. Parkmöglichkeiten sind dort reichlich vorhanden, also zumindest schon mal eine Sorge weniger. Fünf Bands warten darauf, die ebenerdige Bühne entern zu können, und der Beginn wird noch ein wenig nach hinten verschoben, damit möglichst viele Zuschauer die Gelegenheit haben, alle Bands erleben zu können. Da haben Henning und ich also genug Zeit, noch ein wenig über das zu plaudern, was wir mit SYLB noch so alles vorhaben. 😉

Dann ist es aber endlich soweit, die erste Band macht sich bereit. Each Living Lie sind sehr kurzfristig ins Line-Up gekommen, nachdem die eigentlich gesetzten Relations wegen des “bösen C”, wie Shouter Flo es bezeichnet, absagen mussten. Den sehen wir nachher noch einmal, zwei Shows an einem Abend hat er wahrscheinlich auch noch nicht gespielt. Die Jungs hatten allerdings nicht so eine weite Anreise wie ich, Each Living Lie hat heute nämlich Heimspiel. Seit über 10 (in Worten: zehn!!) Jahren gibt’s die Band bereits, und ich überlege, ob die Jungs wohlmöglich schon im Kindergarten angefangen haben, Musik zu machen. Besetzungswechsel gab’s in der langen Geschichte der Band einige, der letzte wurde vor so ziemlich genau einem Jahr verkündet. Heute müssen sie ohne Basser auskommen, der konnte seinen Kalender nicht freischaufeln. Aber auch ohne liefern sie eine sehr coole Show und bringen uns alle schon mal auf Betriebstemperatur.

Als nächstes steht mit Among The Accursed eine Band auf der Bühne, die tatsächlich erst im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben wurde. Das betrifft aber im Grunde nur den Namen, denn ein Teil der Band war vorher mit Ghost Empire am Start. Jetzt also der “Neustart” und einem bereits veröffentlichten Lyricvideo zum Song Beneath My Skin. Der steht natürlich auch auf der Setliste, und mit den weiteren Tracks Fortress Of Insanity, Rotten oder Drowning können die Jungs die Vorfreude auf das angekündigte Album Low Spirits definitiv schon mal hochschrauben. Die zweite Single, die vorab veröffentlicht werden soll, ist zwar schon fertig produziert, ein Video gibt’s dazu aber noch nicht. So können die Jungs damit zwar noch keine offizielle Promo betreiben, aber spielen können sie Longing For The Sun heute natürlich schon. Als Schlagzeugfan freue ich mich heute auch sehr über die freie Sicht, die ich meistens auf die Drummer habe. Drummer Tobi zieht heute auch meine Blicke auf sich, weil er mit seiner Brille aussieht, als ob er gerade eine Steampunk-Landschaft entsprungen wäre. Für einen der vielen Lacher, die heute durchs Multikulti schallen, sorgt dann noch Sänger Toby. Als nämlich schon einige Songs gespielt sind und er fragt “wollt ihr noch einen?”, kontert er unser lautes “ja” mit “gut, wir haben nämlich noch drei”.

Wenn man im Netz nach der Band Trist sucht, taucht ganz oben in den Suchergebnissen eine tschechische Depressive Black Metal-Band auf, die es aber wohl nicht mehr gibt. Das passt definitiv nicht, also den Bandnamen noch um “Punx” ergänzt, jetzt passt es. Auch von diesem Quintett hatte ich vorher noch nie etwas gehört und war dementsprechend auf das, was die Jungs abliefern, nicht im Geringsten vorbereitet. Die Bühne wird kurzerhand mal nach vorn verlegt, und dann fegt ein Wirbelwind durch das Multikulti. Nicht nur Trists Sänger ist nur unterwegs, rennt von links nach rechts, würde wahrscheinlich am liebsten auch noch die Wände hochgehen, während er sich die Lunge aus dem Leib schreit. Die beiden Gitarristen halten ihren Bewegungsradius nur geringfügig kleiner, und wäre ihr Bassist nicht gleichzeitig noch zweiter Sänger und somit ans Mikro gebunden, würde er es ihnen wahrscheinlich gleichtun. Was ein geiler abgefahrener Hardcore Punk! Als ich auf der Setliste Songtitel wie Pechschwarz, Grauzone oder Blauwal las, dachte ich ja, das wären irgendwelche “Arbeitstitel”. Aber nein, die finden sich genauso auf der EP trist aus November 2021, wie auch Rotwein oder Giftgrün. Und auch die EP We Are Dust aus Mai 2015 kommt mit fast schon kryptischen Songtiteln wie Egg Shaped Cubicles oder Johnny, We’re Fully Made Of Glass daher, die es ebenfalls auf die Setliste geschafft haben.

Auch zur Band Averblack muss ich zugegebenermaßen erstmal eine Suchaktion im Netz starten. Und die fördert, im Gegensatz zu den meisten anderen, tatsächlich einige Ergebnisse zutage. Sogar in die Metal-Archives haben es die Jungs mit ihren beiden Longplayern Torn Between Two Hells (2016) und The Downfall Show (2019) geschafft. Aber die Jungs waren seitdem natürlich nicht untätig, und so finden sich neben Songs wie Masquerade, Superstition, As We Watch The Burning Sky oder Prophecy vom 2019er Output natürlich auch schon neue Tracks auf der Setliste. Seit 2013 gibt es Averblack bereits, und auch sie sind in der Bandgeschichte nicht ohne Besetzungswechsel ausgekommen. Aus dem Quartett, als das sie lange unterwegs waren, ist ein Quintett geworden, und mit Fabian hat sich die Band gesangstechnisch mal richtig gut aufgestellt. Das war der letzte Neuzugang, nachdem Averblack im Juni vergangenen Jahres schon ihren neuen Bassisten Paul vorgestellt hatten. Auch bei dieser Show bewundere ich es, auf welch’ hohem Niveau sich (nicht nur) die Saitenfraktion bewegt. Den Jungs stehe ich ja heute Auge in Auge gegenüber und kann ihnen ganz genau auf die Finger gucken. Mit welcher Nonchalance die mit ihren Fingern in höchst akrobatischer Manier auf ihren Gitarren- und Bass-Hälsen rauf und runter switchen, ist echt bemerkenswert. Und auch gesangstechnisch gibt’s heute im Multikulti einen sauberen Rundumschlag. Nicht nur Averblack sind mit einem klasse Sänger ausgestattet, und auch über den Backgroundgesang bzw. die zweite Gesangsstimme gibt’s nix zu Meckern.

Zu schon ziemlich vorgerückter Stunde ist es dann soweit, Among Traitors, machen sich für ihren Auftritt bereit. Mittlerweile dürfte Sänger Flo nach seiner Show mit Each Living Lie wieder genug Luft in den Lungen haben, jetzt darf er noch einmal ran. Den Posten am Mikro hat er “offiziell” tatsächlich erst seit kurzem übernommen, auch wenn er schon seit einiger Zeit mit am Start ist. Mitte Mai hatten Among Traitors aber die Neuaufstellung bekanntgegeben, nachdem Samuel die Band verlassen hat. Die Setliste des Quintetts sieht für mich aus, wie so eine Art Gedächtnistraining, da stehen nämlich nur Nummern drauf. Flo erzählt dann auch, dass die Songs zwar stehen, aber noch gar keine Namen hätten. Aber Namen sind ja sowieso Schall und Rauch. 😀 Gedächtnistraining ist es für die fünf wohl trotzdem, denn die Nummern stehen in einer scheinbar zufälligen Reihenfolge auf dem Zettel. Hinter einer davon verbirgt sich aber natürlich der Song Never Again, und nicht nur mit dem können Among Traitors meine mittlerweile ziemlich müden Knochen noch einmal mobilisieren. Flo ist zwischendrin tatsächlich mächtig am pumpen, aber bei den krassen Shouts und Growls, die er da raushaut, ist das mehr als verständlich. Ich würde jedenfalls einfach umkippen, so viel ist sicher. 😀

Irgendwann gegen Mitternacht ist die Core Explosion IV dann Geschichte. Normalerweise bleibe ich nach Shows gern noch vor Ort, um das eine oder andere Gespräch zu führen. Heute habe ich aber nur die anderthalbstündige Rückfahrt im Kopf. Abgesehen davon steht am Sonntag auch schon die nächste Show an, die ich für SYLB besuchen werde, nämlich der Frühschoppen mit Livemusik im Krachgarten. Da ist relativ frühes Aufstehen angesagt, also drehe ich meine Abschiedsrunde und mache mich auf den Weg. Dass ich für die knapp sechs Stunden, die ich mein Auto im nebenan liegenden Parkhaus abgestellt hatte, dann nur 2€ bezahlen muss, ist das letzte Highlight dieses Konzertabends.

Alle Fotos findet ihr wieder auf der Seite https://heike-leppkes-konzertfotos.de

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