Autor:
Lesedauer ca. 3 min.

WE ARE H – Diskonstrukt

Künstler:

WE ARE H

Herkunft:

Leverkusen / Köln, Deutschland

Bandmitglieder:

Jonas (Gitarre)
Ken (Gesang und Bassgitarre)
Fabi (Schlagzeug)

Link:

Album:

Diskonstrukt

Genre:

Progressive Metal, Hardcore, Post Hardcore, Avantgarde Metal

Erscheinungsdatum:

24.02.2023

Tracklist:

1. Intro
2. Konstante
3. Narrativ
4. Anthroporrhaistes
5. Interlude
6. Karakorum
7. Monotonie
8. Per Vim

Bereits vor knapp zwei Wochen hatten sich die Jungs von WE ARE H bei uns gemeldet, um sich selbst und ihr am 24.02. veröffentlichtes Debütalbum Diskonstrukt vorzustellen. Dort sind, wie sie selbst schreiben, zum ersten Mal deutschsprachige Songs zu hören. Das war auf der Debüt-EP aus 2017, deren Name Through Heights And Depths I Told You Behold The Stars Will Follow sich aus den Songtiteln zusammensetzt, noch anders. Gegründet wurde WE ARE H bereits im Jahr 2015, wobei Jonas seit 2020 dabei ist. Die Jungs kennen sich aber zum Teil schon seit mehr als 20 Jahren. Ungefähr 26 Minuten Musik warten darauf, gehört zu werden. Die Jungs selbst hatten es als einen Wechsel von atmosphärischen Parts und Hardcore-Ausbrüchen bezeichnet. Da bin ich mal sehr gespannt und starte Spotify (mp3 hatten uns WE ARE H leider nicht zur Verfügung gestellt).

Beim Intro hatte ich ja was Instrumentales erwartet. Aber schon hier hört man die Stimme von Ken. Mich erinnert der sehr stark an Sascha von Onexx, der dort ebenfalls die Bassgitarre spielt und dessen Gesang auch immer ein wenig klingt, als ob sie gleich kippt. Auch Bersten mit ihrem großartigen Album Nimmersatt schießen mir durchs Hirn. Gleich mit Konstante verstehe ich, dass die Jungs sich nicht auf ein Genre festlegen lassen (wollen). Blitzen eben noch ein paar Black Metal-Riffs durch das Soundkonstrukt, werden die sehr schnell abgelöst von großartigen Post Metal-Schnipseln. Atmosphärisch wird’s in diesem Song eher nicht, die Gesangsparts erinnern mich eher an Post Hardcore. Der zweistimmige Gesang (bzw. der Gesang und die Shouts), die schon bei Konstante zu hören waren, gibt’s auch beim folgenden Narrativ. Was die Jungs hier alles in einen Topf schmeißen und zusammenköcheln, geht eigentlich nicht zusammen. Aber da gibt’s ja den schönen Spruch “alle sagen, es geht nicht, und dann kommt einer, der macht es einfach”. Wunderbar ruhige Parts mit einem schönen Gitarrenspiel, das fast ein wenig an die 70er denken lässt, gehen mit den Hardcore-lastigen Explosionen eine untrennbare Symbiose ein, der Kontrast könnte nicht größer sein.

Beim Songtitel Anthroporrhaistes komme ich natürlich nicht umhin, “Tante Google” zu fragen, ob es dieses Word überhaupt gibt. Und tatsächlich ist das keine Wortschöpfung von WE ARE H, sondern bezeichnet laut Wikipedia “…die Anrufung des griechischen Gottes Dionysos, mit der er auf Tenedos verehrt wurde…”. Die Übersetzung von Anthroporrhaistes ist übrigens laut Wikipedia “Menschenzerschmetterer”. Und zerschmettern wollen WE ARE H anscheinend auch Irgendwas, zumindest musikalisch. Ken schreit sich in den Hardcore’esken Strophen die Lunge aus dem Leib, während der Chorus trotz seiner Ruhe durch den Gesang eher noch an Eindringlichkeit gewinnt.

War das Intro ja nicht instrumental, ist es aber das Interlude. Einfach mal zusammen was spielen, geht bei WE ARE H natürlich nicht. 😀 So darf Jonas also die Klänge seiner Gitarre mithilfe diverser Effektgeräte so bearbeiten, dass es merklich an meinen Nerven zerrt. Mir fallen sofort Moo)))n ein, zu deren Alben Für Zedka und Isoliiert ich in 2020 Reviews geschrieben habe. In beiden Reviews stand das Wort “Oszilloskop”, und das scheinen WE ARE H im Outro des Interlude auch verwendet zu haben.

Wie schon das Wort Anthroporrhaistes sagt mir auch Karakorum gar nichts. Der Song ist der längste des Albums, und WE ARE H haben dem Track 5:10 Minuten spendiert. Mittlerweile bin ich ja schon so weit, dass ich bei dem sehr ruhigen instrumentalen Intro nur darauf warte, wann die Jungs wieder ausrasten. 😀 Mit den fast schon ein wenig im Stoner Rock wildernden Klängen können sie aber auch über mehr als die Hälfte des Songs sehr gut unterhalten. Der Ausbruch fällt dann, für WE ARE H-Verhältnisse, eher gemäßigt aus. Mag auch daran liegen, dass Karakorum ein Instrumental ist, denn der Gesang von Ken verstärkt die (Post) Hardcore’esken Parts schon enorm. Ob es in diesem Track nun aber um das Gebirge in Hochasien geht, das unter anderem auch den K2 beherbergt, oder um eine Ruinenstätte in der Mongolei, werde ich die Jungs wohl mal fragen müssen. Vielleicht ist ja auch keins von beiden richtig.

Monoton wird’s bei WE ARE H auch im Song Monotonie definitiv nicht. Aber die Jungs schaffen es, dem Text den passenden musikalischen Unterbau zu verpassen. “…so träge und müde, lustlos, keine Gefühle…”. Mit dem letzten Song Per Vim treiben mich WE ARE H dann noch einmal zu “Tante Google“, denn Latein hatte ich nie. Nach dem “Menschenzerschmetterer” also jetzt “auf gewaltsame Weise”. So beanspruchen sie hier tatsächlich teilweise meine Nackenmuskeln, denn so ein paar Headbanger-Parts gibt’s schon. Und wenn Ken ins Mikro brüllt “…ich weiß nicht, was hier passiert. Ich weiß nur, dass mein Kopf explodiert…” kann ich das zum Ende dieses Albums fast sogar nachvollziehen. Denn WE ARE H fordern den Hörer mit Diskonstrukt schon mächtig. Aber genau solche Alben sind für mich das Salz in der Musiksuppe dieser großartigen Undergroundszene.

Unser Fazit

Jetzt ist mein Review tatsächlich länger geworden, als ich bei sechs Songs + Intro + Interlude gedacht hätte. Und dabei habe ich schon wieder viel zusammengestrichen, umformuliert, neu geschrieben… Das, was WE ARE H auf “Diskonstrukt” präsentieren, passt tatsächlich in keine Schablone. Und ich freue mich immer, wenn es in der Szene noch Bands gibt, die aus allen üblichen Standards ausbrechen und ihr ganz eigenes Ding durchziehen. Nichts gegen Metalcore, Melodic Death Metal oder Black Metal, das sind die Genres, die ich gern höre. Aber da passiert aktuell nicht so sonderlich viel, und selbst die Subgenres sind gut besetzt. Und dann kommt da plötzlich dieses Trio und macht einfach mal was vollkommen anderes. Großartig!

Unsere Wertung

9.0 von 10.0

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