Neben “normalen” Metalshows besuche ich auch immer wieder mal gerne Bandcontests, denn auch Genres abseits des Metal können mit tollen Künstlerinnen, Künstlern und Bands aufwarten. So war auch das Line-Up beim S-Clubraumcontest in Recklinghausen im Februar letzten Jahres bunt gemischt, und ich kannte von den fünf Acts nur zwei. Unforged gehörten nicht dazu, haben mich aber mit ihrer sehr energiegeladenen Show sofort mitgerissen. So haben sie zwar an dem Abend keinen Preis ergattern, aber sicherlich nicht nur mich als neuen Fan hinzugewinnen können. Bevor die fünf Unforged gründeten, haben sie sich schon in anderen Bands ausgetobt und sind in der jetzigen Formation seit ungefähr drei Jahren am Start. Am Start ist auch sehr bald das Album Eye For An Eye, das am 01.10. veröffentlicht wird und mit seinen acht Songs auf ungefähr 40 Minuten Spielzeit kommt.
Ziemlich lange zappeln lassen mich die Jungs von Unforged bei ihrem ersten Track Serial Killer. Fast eine Minute lang ist das ruhige Intro, bei dem nur die Gitarren zu hören sind. Aber das ist nur das Anschleichen des Serienmörders, der sein Opfer fest im Blick hat. Urplötzlich startet der Übergriff, und das in einer Geschwindigkeit, bei der das Opfer keine Chance hat. Dieses blitzartige Tempo legen auch Unforged vor, bevor es in einen beständigen Wechsel zwischen Hochgeschwindigkeit und Groove Metal geht. Fast so, als sollen mit der Musik die widerstreitenden Gefühle des Serienmörders dargestellt werden, hört man hier auch schon die Einflüsse, auf die sich Unforged im Pressetext beziehen: die ganz Großen der Metalszene hat man im Blick, nämlich Pantera, Slipknot und Metallica. Die Letztgenannten haben ja mit Nothing Else Matters eine großartige Ballade geschrieben, und an die muss ich zum Start des Titeltracks Eye For An Eye denken. Zum tollen Klargesang von Chrys gibt’s einen Perspektivwechsel, denn jetzt geht es um den Hinterbliebenen eines der Opfer. Der hadert mit sich und seinem Schicksal, will Vergeltung, begehrt auf, verfällt wieder in Trauer. Dieses Hin und Her der Gefühle und die sich aufstauende Wut, die sich irgendwann ganz heftig entlädt, setzen Unforged musikalisch sehr geil um. Und dann ist Rache genommen, und der Antihero muss sich für seine Tat verantworten. Sehr geile Riffs prägen – nicht nur – diesen Song. Was ich aber fast noch geiler finde, ist der dialogartig aufgebaute Wechsel zwischen Shouts und Growls im vor sich hin groovenden Chorus.
Mit dem kürzesten Track des Albums, Prior, nehmen Unforged wieder ordentlich Tempo auf, stoßen teilweise tief in Thrash-Gefilde vor. Der Chorus erweist sich dann als ultraharter Belastungstest für die Nackenmuskeln. Wieder mal sehr geile Gitarren, mit denen auch Scream startet. Zu Beginn muss ich tatsächlich an Meshuggah denken, und auf dieser progressiven Schiene fahren Unforged dann auch weiter. Der Chorus ist zwar für meine Ohren ein ziemlicher Bruch zu den Strophen, aber Unforged überraschen den Hörer ja gern (siehe Eye For An Eye). Ausgerechnet der Song, der genauso heißt, wie die Band, fällt dann für mich ein wenig ab. Hier verzetteln sich Unforged in zu vielen Tempowechseln, da hätte man den Hochgeschwindigkeitszug gern durchfahren lassen können. Auch Fight For Your Life klingt für mich leider ziemlich uninspiriert, auch wenn Unforged das bewährte Rezept mit Tempowechseln zwischen Strophen (Uptempo) und Chorus (Midtempo) beibehalten. Dieses Rezept wird bei I’m Away auch nicht mehr verändert, der Chorus kommt mir in diesem Konstrukt aber auch eher wie ein Fremdkörper vor. Er mag sich nicht recht einfügen, wobei er auf jeden Fall sehr einprägsam ist und bei jeder Liveshow lauthals mitgesungen werden dürfte.
Leider gibt es außer dem Album nichts, was man sich von dem Quartett anhören kann. Allerdings kommt "Smell Your Soul" mit 13 Tracks daher, die für eine Spielzeit von knapp 50 Minuten sorgen.