Als ich im Jahr 2019 mein erstes Review zu einem Album von Schattenvald schrieb, es ging damals um das Album …und ewig dauert der Berg…, musste ich ja bei der Namensähnlichkeit mit dem Label Schattenpfade ein wenig grinsen. Die Vinyledition des Albums trägt die Schattenpfade-Katalognummer 001, es ist aber beileibe nicht das erste Album der Bayern. Schattenvald wurde nämlich bereits im Jahr 1998 von Nachtsturm gegründet, und lief bis zum Jahr 2011 als Soloprojekt. Nach fünf Demos aus den frühen 2000ern erschienen fünf Full-Length-Alben, die schlicht I, II, III, IV und V betitelt wurden, und einige Compilations, Splits und EPs. Mit der neusten Veröffentlichung behält das Duo die Nummerierung der Alben bei, das Werk trägt den Titel VI und kommt mit seinen fünf Songs auf eine Spielzeit von ungefähr 43 Minuten. Wie man sich bei den Songtiteln denken kann, verfassen die Männer ihre Songtexte auch gern mal in bayrisch.
VI präsentiert sich als ein Werk, das in die Tiefen des düsteren und intensiven Genres eintaucht. Mit seinen fünf Songs versucht das Album, die Hörer in eine Welt aus rasenden Stürmen und finsteren Atmosphären zu entführen. Doch trotz seiner beabsichtigten Wirkung bleibt VI leider größtenteils in eintönigen Gefilden gefangen. Die musikalische Inszenierung ist zweifellos beeindruckend. Nachtsturm weiß wieder einmal, an den Instrumenten zu überzeugen und erschafft so eine Atmosphäre intensiver Dunkelheit. Die rohe Energie und das rasante Tempo der Songs sind fast körperlich spürbar. Hervorzuheben ist natürlich auch Iskharians Gesang, der zwischen krächzenden Vocals und durchdringenden High Screams wechselt. Das verleiht den Songs eine zusätzliche Dimension und vermittelt teilweise eine fast schon beklemmende Atmosphäre. Sein Gesang ist aber leider ziemlich in den Hintergrund gemischt und droht manchmal fast im Chor der Instrumente unterzugehen.
In seinem Bemühen, die Dunkelheit zu durchdringen, bleibt VI insgesamt weitgehend eingeschränkt. Die Songs neigen dazu, sich in ähnlichen Klanglandschaften zu bewegen, was zu einer gewissen Monotonie führt. Die fehlende Abwechslung in den Melodien und Tempi macht es schwer, die Songs voneinander zu unterscheiden. Während das schnelle Tempo anfangs fesselnd wirken mag, kann es im Laufe des Albums ermüdend werden, da es an Spannung und, bis auf einige Tempowechsel in den letzten beiden Songs, Variation fehlt. Während das kompositorische Konzept dazu beiträgt, eine düstere Stimmung aufrechtzuerhalten, verhindert es gleichzeitig, dass das Album wirklich herausragt. Es fehlt an markanten Wendungen oder überraschenden Elementen, die dem Hörer im Gedächtnis bleiben würden. Die Tiefe der Atmosphäre auf VI ist zweifellos spürbar, aber sie führt leider auch zu einem gewissen Grad an Vorhersehbarkeit.
Die digitale Version von VI gibt’s auf der Bandcamp-Seite von Schattenvald, bei Schattenpfade kann man sich die Vinyledition zulegen. Die kommt als schwarze 12″ Vinyl, streng limitiert auf 111 Einheiten mit einem Einleger sowie einem bebilderten A5-Booklet daher. CDs und Tapes sollen noch folgen, dafür gibt’s aber noch kein Datum.
Leider gibt es außer dem Album nichts, was man sich von dem Quartett anhören kann. Allerdings kommt "Smell Your Soul" mit 13 Tracks daher, die für eine Spielzeit von knapp 50 Minuten sorgen.