Autor:
Lesedauer ca. 3 min.

Oceanica – Panta Rhei

Künstler:

Oceanica

Herkunft:

England

Bandmitglieder:

Benedict Harris-Hayes (Gesang und alle Instrumente)

Link:

Album:

Panta Rhei

Genre:

Progressive Rock

Erscheinungsdatum:

30.06.2023

Tracklist:

1. Photographs Found On An Old Camera
2. Fixation On A Co-Worker
3. Roll The Bones
4. Lumiere
5. Drive-Bi 69
6. The New Human Agenda
7. Mother Of Eyes
8. The Hope Sequence
9. Un(EN)titled

Als Ben den ersten Hinweis darauf gab, dass er an einem neuen Oceanica-Album arbeiten würde, musste ich tatsächlich erstmal gucken, wie lange ich den so sympathischen Engländer schon kenne. Es war im Jahr 2010, als Enochian Theory ihr großartiges Album Evolution: Creatio Ex Nihilio veröffentlichten und das im Jahr 2012 auch live in Oberhausen präsentierten. Bei der Show war ich dabei und konnte auch mit Ben und den anderen Bandmitgliedern ein paar Worte wechseln. 🙂 Einige Zeit danach haben Enochian Theory verkündet, dass sie eine Auszeit nehmen. Aber der Vollblutmusiker Ben kann natürlich nicht stillhalten, und hat mit seinem “Soloprojekt” Oceanica im Oktober 2019 das erste Album One Dark veröffentlicht. Das landete auch in meinen Top5-Alben des Jahres und war das erste von drei geplanten Alben. Im Dezember 2019 erschien die EP Percipience, jetzt steht die Veröffentlichung des zweiten Albums an. Panta Rhei wird am 30.06. das Licht der Welt erblicken, und kommt mit seinen neun Songs auf ungefähr eine Stunde Spielzeit. Schon bei der Listening Session vor ungefähr einem Monat war nicht nur ich schwer begeistert.

Mit dem längsten Song des Albums geht’s los, das getragene Photographs Found On An Old Camera tickt bei genau neun Minuten ein. Ähnlich, wie so manche Post Rock-Band versteht auch Ben es meisterhaft, zarte Gitarrenklänge miteinander zu verknüpfen, diese auch mal von Schlagzeug und Geigen begleiten zu lassen, und so eine fast schon surreale Atmosphäre zu erschaffen. Das zeigt er gleich in dem ungefähr vier Minuten langen instrumentalen Intro. Und Post Rock-gleich erschafft er gleich in diesem Song so großartige Walls of Sound mit (teils) mehrstimmigem Gesang, gelayerten Gitarren, die auch gern mal tiefer gestimmt sein dürfen, Bassgitarre, Schlagzeug, Percussion etc. All diese Instrumente hat er tatsächlich selbst eingespielt und auch noch den Mix und das Mastering übernommen. Ok, ein wenig Hilfe hat er sich schon noch geholt, so zum Beispiel beim folgenden Fixation On A Co-Worker. Da spielt nämlich Nick Webb ein großartiges Saxophonsolo. Und was ein Unterschied zu dem fast schon ätherischen Song Nummer 1! Da muss ich zum einen des Öfteren mal an Tool denken, zum anderen auch an den großartigen Devin Townsend. Und genau für diese Genrewechsel, ja fast schon Stilbrüche, habe ich schon One Dark geliebt.

Auch bei Roll The Bones gibt es einen Gastauftritt, und der fast schon sphärische Gesang von Nicole Willerton erinnert mich ein wenig an das, was Lindy Fay Hella für Wardruna ist. Diesen Gesangsstil beherrscht auch Ben und lässt mich damit immer mal wieder an Jon Anderson (Yes) oder auch Ashe Austin o’Hara (ex-TesseractVoices From The Fuselage) denken. Hier zeigt er sich aber von einer anderen Seite und drückt seine Gefühle in einer Art Schreigesang aus. Was ein Progressive Rock-Monstertrack!

Hatte ich gerade noch Jon Anderson und Ashe Austin o’Hara erwähnt? Hört euch die wunderbare Ballade Lumiere an, dann wisst ihr, was ich meine. Zu dem Song gibt’s auch ein Video, das ihr am Ende dieses Reviews findet. Ebenfalls bereits erwähnt hatte ich Devin Townsend. Und wer das Album The Retinal Circus vom Devin Townsend Project aus 2013 genauso mag wie ich, wird bei Drive-Bi 69 sicherlich auch so eine Art Flashback kriegen. Großartig! 🙌

Ein wenig aus dem Rahmen fällt The New Human Agenda. Kein sphärischer Gesang, kein Post Rock-artiges Gitarrenspiel. Hier lohnt es sich aber umso mehr, auf den Text zu achten, in dem Ben den Weg der Menschheit von längst vergangenen Zeiten bis zum Hier und Jetzt auf seine ganz eigene Art und Weise beschreibt und dabei nicht wirklich ein positives Bild zeichnet. “… For every new technology that creeps into your lives, The gulf between you continues to grow, makes you alone…and that’s the price. …”.

Was auf dem Album One Dark der Song Reverence war, ist hier irgendwie Mother Of Eyes. Reverence fing mit so einer Art Black Metal-Geschreddere an, um sich dann in Progressive Metal-Gefilde zu begeben, und auch bei Mother Of Eyes führt das Intro in eine andere Richtung, als der Song dann tatsächlich verfolgt. Hier ist eigentlich alles, was musikalisch auf Panta Rhei vertreten ist, in einen Song gegossen. Und auch bei The Hope Sequence hat sich Ben nach dem knapp drei Minuten langen instrumentalen Intro musikalisch extremst ausgetobt. Da denke ich dann auch mal an Progressive Rock-Bands wie Yes oder Barclay James Harvest, die vor allem in den 70er Jahren so bombastische Shows aufgefahren haben. Bombastisch wird’s im letzten Song Un(EN)titled nicht, aber was Neues ist Ben auch hier eingefallen, denn mit einem funkigen Part lädt er tatsächlich noch einmal zum Tanzen ein. Dazu passt auch wunderbar eine der Textzeilen: “… And don’t sweat all your fears and embrace all your tears, Because they make you your best…and simply f**k all the rest…”.

Unser Fazit

Dieses Album ist laut Pressetext ein “…snapshot of the last 3 years of the writers’ life…”. Da dürfte es wohl ziemlich turbulent bei Ben zugegangen sein, denn das ist dieses Album definitiv. Dazu passt ja auch der Albumtitel, denn “panta rhei” bedeutet “alles fließt/alles ist in Bewegung/alles ändert sich”. Mir gefallen tatsächlich die so verschiedenen ersten fünf Songs am besten, und wenn es einer schafft, mich auch mit Balladen um den kleinen Finger zu wickeln, ist es Ben. 😃 Insgesamt ziehe ich aber mal wieder meinen Hut davor, was Ben hier alles an Kreativität, Passion und Energie reingelegt hat, von Zeit und Geld jetzt mal gar nicht zu reden. Da kann er auf das Ergebnis wirklich stolz sein!

Unsere Wertung

8.5 von 10.0

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