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Lesedauer ca. 6 min.

Blattturbo Benefiz am 07.08.2021 im Restaurant Klosterhof, Euskirchen

Eventname:

Blattturbo Benefiz

Künstler:

Dead Mans Soul, Northern Light, NMAC, Rules Of This Game

Ort:

Restaurant Klosterhof am Jakobsweg, Euskirchen

Datum:

07.08.2021

Genre:

Rock, Heavy Rock, Metalcore, NU Metal, Indie, Pop

Veranstalter:

Blattturbo

Als ob diese Corona-Kacke nicht schon genug wäre, wurden verschiedene Regionen Deutschlands nach tagelangem Dauerregen von schlimmen Flutkatastrophen getroffen. Menschen und Tiere sind in den Hochwasserfluten ums Leben gekommen, viele haben alles verloren, haben kein Dach mehr über dem Kopf, persönliche Dinge sind unwiederbringlich weg. Aber in all diesem Driss gibt es auch gute Nachrichten, denn die Hilfsbereitschaft ist riesig. Und es werden nicht nur Geld- oder Sachspenden gegeben, sehr viele fahren in die betroffenen Gebiete, um persönlich mit anzupacken. Auch Sara, Andreas und ihre beiden Kinder haben in den Fluten alles verloren. Und für die vier soll heute Abend ordentlich Geld zusammenkommen, um zumindest einen kleinen Teil dazu beizutragen, dass es für sie wieder vorwärts gehen kann.

Die Organisation dieser Veranstaltung liegt in den bewährten Händen von Blattturbo, und als ich eine knappe Stunde vor Einlass am Klosterhof ankommen, platze ich mit meinem freundlichen “Hallo” gleich mal in das Interview, das Martin im Eingangsbereich gerade mit Rules Of This Game führt. Die beiden hatte ich schon vor der Linse, und die Freude, sich mal wiederzusehen, ist beiderseitig. Und so geht es drinnen auch gleich weiter. Das ist dann für mich, auch wenn ich noch nie im Klosterhof war, so eine Art “Nach-Hause-Kommen” und einer der Gründe, warum ich die Undergroundszene so liebe.

Im Veranstaltungsraum ist ein emsiges Gewusel, der Aufbau läuft noch, Soundcheck ist in weiter Ferne. Diese Zeit nutzt Martin für eine kleine Auktion, die die ersten Euros in die Sammelbüchse fließen lässt. Versteigert werden unter anderem von den Bands gestaltete Frühstücksbrettchen und Bandshirts. Dann kann es aber, mit einer knappen Stunde Verspätung, endlich losgehen.

Dead Mans Soul stehen als erste Band des Tages auf der Bühne. Bevor die aber mit ihrem coolen Mix aus Hard Rock und Heavy Metal loslegen, erfahren wir, dass auch Drummer Sebastian von der Unwetterkatastrophe betroffen ist. Gott sei Dank war bei ihm “nur” der Keller vollgelaufen, dabei hat es dann aber auch das Schlagzeug erwischt. So spielt er heute auf dem Drumset von Northern Light. Im Oktober letzten Jahres haben Dead Mans Soul ihre EP No Compromise veröffentlicht, aber neben den darauf befindlichen vier Tracks haben sie natürlich noch weitere Songs im Gepäck. Die Frage von Sebastian (Gitarre), wer denn Dead Mans Soul schon mal live gesehen habe, meldet sich ungefähr die Hälfte der Anwesenden. Ich gehöre wie Martin von Blattturbo zur anderen Hälfte, auch wenn Dead Mans Soul ja in deren Bandpool sind. Der letzte Song im regulären Programm ist Glasses High, der laut Sven der einzige langsamere von Dead Mans Soul ist. Aber die Zugabe Lifestyle nimmt noch einmal ordentlich Fahrt auf. Mich erinnert der Song ein wenig an Motörhead, und das ist sicherlich nicht der schlechteste Vergleich.

Auf Heavy Rock folgt Metalcore. Ich hatte ja schon einige Reviews zu Songs von Northern Light und auch deren EP Into The Dark geschrieben, die Jungs aber tatsächlich noch nie live erleben dürfen. Mit Drummer Jonas habe ich einen sehr entspannten Nachmittag beim Heimatsommer in Düsseldorf erlebt (meinen Bericht findet ihr hier), aber da war er ja mit 4 Meter Hustensaft am Start. Schon beim Schreiben der Reviews habe ich mich gefragt, ob die Jungs die Clean Vocals wohl auch live hinbekommen. Und bereits beim Soundcheck kann ich diese Frage eindeutig mit “ja” beantworten. Weder Alexander noch Johannes, der neben Clean Vocals auch noch Shouts beisteuert, geben sich eine Blöße und beherrschen nicht nur ihre Instrumente, sondern auch ihre Gesangsparts. Das Reden zwischen den Songs übernimmt Sänger/Bassist Pascal. Er und Jonas müssen ihre Instrumente nicht tauschen, aber für die “härteren und djentigeren” Songs, wie Pascal sie ankündigt, werden beide Gitarren ausgetauscht, wobei die gelbe von Johannes schon ein kleiner eyecatcher ist. Neben der mit progressiven Einflüssen durchsetzten Musik legen Northern Light auch sehr viel Wert auf die Texte. Und welcher Song könnte aktueller sein als der, der den gleichen Namen trägt, wie die Band. In Northern Light wollen die Jungs nämlich allen, die gerade in einer schwierigen Situation sind, zurufen “lass dich nicht unterkriegen, mach weiter, du schaffst das!”. Auch Self Destruction packt ein Thema an, das uns schon lange beschäftigt, nämlich, wie wir Menschen unsere Welt, auf der wir leben, selbst zerstören. Schwere Kost, die aber nicht davon abhält, zur energiegeladenen Show und zur Musik von Northern Light ordentlich abzugehen, zu moshen und zu headbangen.

Auf NMAC war ich sehr gespannt, denn ich kenne Maria von ihrer vorherigen Band als großartige Shouterin. Bei der Show vor ungefähr zwei Jahren war noch Alternative Rock angesagt, NMAC kann man eher im NU Metal verorten. Ob die Bedeutung des Bandnamens NMAC tatsächlich “nie mehr alkoholfreie Cocktails” ist, wie Ingo auf Befragen von Martin erklärt, sei mal dahingestellt. Aber selbst, wenn man Alkohol intus haben sollte, wird der bei der sehr starken Show der fünf sofort wieder ausgeschwitzt. Da muss selbst ich ab und zu mal die Kamera beiseitelegen, denn bei Songs wie Set It Off oder Endgame kann auch ich nicht stillstehen, und ich bin nicht die Einzige, die vor der Bühne ordentlich mosht. Dass es für Maria und auch Basser Jan heute die erste Liveshow mit NMAC ist, hätte ich nicht bemerkt, wenn Maria es nicht erzählt hätte. Beide sind seit vergangenem Jahr bei NMAC, wobei es die Kölner Band schon seit dem Jahr 2017 gibt. Zwei EPs haben sie schon rausgehauen. Die erste, First Strike, erschien bereits drei Monate nach der Bandgründung, noch nicht mal ein Jahr später folgte Split Second. Die dritte EP steht auch schon in den Startlöchern, und als kleinen Appetithappen haben NMAC gerade ein Video zum Song Collapse veröffentlicht. Es wird ja immer wieder kolportiert, dass NU Metal tot sei. Aber wenn er das tatsächlich gewesen sein sollte, woran ich nicht glaube, haben NMAC ihn erfolgreich wiederbelebt und ihn mit mächtig Groove und tatsächlich auch mit melodiösen Elementen aufgepeppt, um auf den geneigten Fans losgelassen zu werden.

Der Kontrast, der jetzt kommt, könnte nicht viel größer sein. Nach den harten NU Metal-Klängen gibt’s jetzt von Rules Of This Game nämlich überaus tanzbaren Pop, der von New Wave-Einflüssen durchzogen ist. Fast ein wenig verloren sehen Alessa und Joe auf der breiten Bühne des Klosterhofs aus, der Abstand zwischen ihnen ist aber nur räumlich zu sehen. Seit der Bandgründung im Jahr 2018 haben sie schon auf diversen Shows bewiesen, dass sie musikalisch sehr nahe beieinander sind. Eine Rampensau im eigentlichen Sinne ist Alessa nicht, immer ein wenig zurückhaltend erscheint sie mir. Den Part übernimmt aber Joe sehr gern, der hinter seinem Drumkit immer wieder die Sticks hoch in der Luft wirbeln lässt und damit bei mir, Schlagzeugfan der ich bin, für leuchtende Augen sorgt. Und trotz der tanzbaren Rhythmen, mit denen Rules Of This Game die Menschen vor der Bühne in Bewegung halten, sollte man sich auch mal die Zeit nehmen, auf die Texte zu achten. Denn auch Rules Of This Game haben zu verschiedenen Themen einiges zu sagen. Dabei beziehen sie auch zu politischen Fragen Stellung, nehmen natürlich eine ganz klare Position gegen Rechts ein und haben bereits auf diversen Christopher Street Day-Veranstaltungen gespielt. Wie auch alle anderen Bands des Abends sind natürlich auch Rules Of This Game auf den diversen Streamingplattformen vertreten, da kann man sich einige der Songs der heutigen Show noch einmal anhören. Am besten, vorher alles beiseiteräumen, damit man ordentlich Platz zum Tanzen hat.

Ich hatte ja eigentlich gedacht, dass die Show jetzt beendet ist, aber Martin kündigt es an, es gibt noch ein Video. Während also im hinteren Teil der Bühne schon fleißig abgebaut wird, wird vorn eine kleine Leinwand hingestellt und der Beamer aufgebaut. Bereits seit geraumer Zeit sind die Mitglieder von Mazed schon anwesend. Die hatten die bereits eingangs erwähnte Spendenaktion ins Leben gerufen und haben, inspiriert von den schrecklichen Bildern aus den Katastrophengebieten, den Song Niemals! produziert. Das dazugehörige Video gibt es also jetzt, und nicht nur ich kriege bei den Bildern eine ganz dicke Gänsepelle. Und während Rules Of This Game noch gespielt haben, war Martin fleißig und hat die Einnahmen des heutigen Abends errechnet. So kann er dem heute anwesenden Andreas dann stolz 587€ überreichen. Aus der Spendenaktion von Mazed kommen noch einmal 800€ dazu, so dass insgesamt 1.387€ an den sichtlich gerührten Andreas übergeben werden können.

Was ein wunderbarer Abschluss dieser großartigen Veranstaltung, würde ich jetzt schreiben wollen. Da allerdings eins der Bandmitglieder, die heute gespielt haben – ich nenne keinen Namen, aber dem Jungen habe ich schon den Kopf gewaschen 😀 – Martin erzählt hat, dass ich vor kurzem Geburtstag hatte, bin heute mal ich diejenige, für die noch ein Geburtstagsständchen gesungen wird. Das war dann auch für mich, die ich schon einige hundert Undergroundshows besucht habe, eine Premiere. Und nachdem ich dann noch das Abschlussfoto machen durfte, komme ich noch lange nicht nach Hause. Auch wenn die Bands eifrig damit beschäftigt sind, ihr Equipment in die Autos zu verladen, ergeben sich immer noch sehr nette Gespräche. Sowas geht halt in der von mir so geliebten Undergroundszene!

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