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Lesedauer ca. 8 min.

Steel Meets Steel Open Air 2022 am 13.08.2022 in Castrop-Rauxel

Eventname:

Steel Meets Steel Open Air 2022

Künstler:

Bipolar Architecture, Hans Lazer Alien Slam, The Claymore, Korry Shadwell feat. Victor Smolski, Agamendon, Moribund Oblivion

Ort:

Waldbühne Castrop, Wartburgstr. 115, Castrop-Rauxel

Datum:

13.08.2022

Genre:

Metal, Crossover, Post Metal, Post Black Metal, Post Rock, Hard Rock, Power Metal, Melodic Death Metal, Blackened Death Metal, Black Metal

Veranstalter:

Nachdem ich es bei der Show, die ich gestern besucht hatte, tatsächlich erleben musste, dass ich die Einzige war, die nicht zum Team der Location gehört, erwarte ich heute nichts weniger als volle Hütte. Wobei, beim Steel Meets Steel müsste ich eigentlich “vollen Rasen” sagen. Der ist leider nach der langen Trockenheit eher gelb als grün, füllt sich aber wie erwartet ziemlich schnell. Bis auf die neu aufgebaute Bühne ist alles auch nach zwei Jahren Zwangspause vertraut, aber heute darf ich zum ersten Mal auch in den Backstagebereich. Der Zugang dazu wird von einem sehr netten Security-Mann mit Argusaugen bewacht, aber wer sein rotes Bändchen hat, wird mit einem Lächeln durchgelassen. Und nicht nur vor der Bühne, sondern auch in diesem Backstagebereich tut das Team des Steel Meets Steel alles dafür, dass man sich rundum wohlfühlt. Und wenn man sich bei der Hitze mal kurz abkühlen will, kann man das unter dem kühlen Wasser des Rasensprengers tun, der im Eingangsbereich aufgebaut ist. Es ist aber, zumindest im Schatten direkt vor der Bühne, nicht so warm, wie ich befürchtet hatte.

Darüber freuen sich sicherlich auch die Jungs von Bipolar Architecture. Die Mitglieder kommen aus Berlin und Istanbul und sie dürfen das Steel Meets Steel heute eröffnen. Ich habe die Band erst beim Schreiben unseres Vorberichts entdeckt, aber eine lange Vorgeschichte haben die vier nicht. In 2020 erschien die Debüt-EP The Tragic Protagonist, und nach zwei Singles haben sie dann im Juni dieses Jahres ihr Debütalbum Depressionland veröffentlicht, auf dem sich auch die Songs der Debüt-EP finden. Da die italienische Band Skanners leider kurzfristig absagen musste, kriegen Bipolar Architecture eine längere Stagetime, was mich sehr freut. Mit ihrem sehr gediegenen Mix aus Post Metal, Post Rock, Post Black Metal und Black Gaze haben sie mich nämlich sofort gehabt, und so gönne ich mir nach der Show auch gleich das Album und ein Shirt. Neben dem Titeltrack des Albums gibt’s von dem Quartett unter anderem auch Expectations, So I Altered, The Tragic Protagonist und das Instrumental If Words Were Swords. Ein wenig schüchtern scheinen sie zunächst, und auch die schon Anwesenden halten noch einen ziemlich großen Abstand zur Bühne. Aber mit zunehmender Spieldauer tauen sowohl die Jungs als auch das Publikum auf, und es gibt die ersten “Zugabe”-Rufe des Tages. Wohlverdient!

Dass das Team vom Steel Meets Steel heute mal wieder für einen bunten Genremix gesorgt hat, zeigt sich gleich bei der nächsten Band. Auch bei Hans Lazer Alien Slam könnte ich nicht mit einem Wort beschreiben, was das für Musik ist. Sie selbst nennen es “testosterongesteuerten Action Metal”, und actiongeladen geht’s auf jeden Fall zu. Irgendwie ein Mix aus Death Metal, Heavy Metal und 80er Metal. Dazu ordentlich Synthwave. Schon, während die fünf auf die Bühne kommen, schallen die ersten “Auszieh’n”-Rufe. Machen die fünf leider nicht. 😀 Aber zwei Alien Figuren und eine Konfettikanone haben sie mitgebracht. Und nachdem sich die Konfettischnipsel auf den Köpfen der direkt vor der Bühne stehenden Fans niedergelassen haben, kann’s dann auch mit All Your Base losgehen. Und natürlich dürfen auch Iron Lazer, H-Man oder Final Battle nicht auf der Setliste fehlen. Auch was Neues haben die Jungs mitgebracht, die Single The Flame wurde im Juli letzten Jahres veröffentlicht und soll, so erzählt Sänger Tim, auf dem hoffentlich irgendwann mal erscheinenden nächsten Album ihren Platz finden. Die immer wieder aus dem Publikum schallenden “Auszieh’n”-Rufe werden dann zumindest insoweit erhört, als sich Tim das Shirt auszieht, wobei er die Weste anbehält. Und als ob die Show des Quintetts noch nicht sportlich genug wäre, folgen einige der Zuschauer dann auch der Aufforderung, jetzt mal ordentlich Liegestütze zu machen. Nachdem ein junger Mann damit dann auch auf der Bühne loslegt, lässt sich auch Tim nicht lange bitten. Dem dürfte es spätestens nach dieser Einlage unter seiner Perücke ordentlich warm werden. 😀

Mit The Claymore gibt’s dann puren Power Metal auf die Ohren. Die sind ja so etwas wie Stammgäste auf dem Steel Meets Steel und haben natürlich ihr neues Album St. Barbara’s Light mitgebracht. Seit über 20 Jahren gibt es The Claymore schon, und immerhin sind mit Christian (Bassgitarre), Hardy (Schlagzeug) und Kai (Gitarre) zumindest drei der Mitglieder seit Anfang an dabei. Sänger Pan hält aber auch schon seit über fünf Jahren das Mikrofon fest in der Hand, und als der in seinem Mantel und mit Zylinder auf dem Kopf die Bühne betritt, bricht bei mir der Schweiß aus. Ihm wohl auch, denn er steht ziemlich schnell in Shirt da. Bei der nur herumwirbelnden Saitenfraktion ist er fast so etwas, wie der Fels in der Brandung. Anders würde aber wahrscheinlich ein heilloses Chaos auf der Bühne ausbrechen. 😀 Songs vom aktuellen Album dominieren natürlich die Setliste, und neben dem Titeltrack haben sich die Männer unter anderem auch für Dream Of Life, Arise Of The Mammon und We Rule The Night entschieden. Aber es geht auch ganz weit zurück in die Vergangenheit von The Claymore. Ob die Männer ausgewürfelt haben, welchen Track sie noch präsentieren wollen, weiß ich nicht, aber Soulseeker vom 2008er Album Sygn ist so etwas wie die Zugabe. Damit werden dann, wenn ich mich recht entsinne, zum einzigen Mal die “Zugabe”-Rufe erhört. Aber der Zeitplan ist schon lange mächtig in Verzug geraten, da ist keine Zeit zu verlieren.

Auch Korry Shadwell durfte ich bereits beim Steel Meets Steel erleben, damals allerdings noch ohne Victor Smolski. Die Setliste ist fast schon übersichtlich, da bleibt genug Zeit, auch mal ein wenig zu erzählen. Vor allem, dass sich die vier freuen, heute hier spielen zu können. Das sieht man nicht nur ihnen an, auch vor der Bühne gucke ich eigentlich nur in die Gesichter glücklicher Menschen. Und wenn man einen Mann wie Victor Smolski in seinen Reihen hat, lässt man ihm natürlich auch genug Zeit, für lange Soli, bei denen er sein ganzes Können zeigen darf. Neben eigenen Songs haben die vier heute auch zwei Coverversionen mitgebracht, wobei sie sich dabei auch einem Dance-Klassiker aus dem Jahr 1988 gewidmet haben. Damals füllten sich bei Tell It To My Heart von Taylor Dayne die Tanzflächen, heute können erstaunlich viele der Anwesenden, mich eingeschlossen, ziemlich textsicher mitsingen. Dann ergreift auch Victor das Wort. Für ihn sei es eine Freude, Teil dieser Band sein zu dürfen und auch das neue Album mit einspielen zu dürfen, erzählt er. Zunächst geht es für ihn aber auf große Solotour, da sind mehr als 40 Shows geplant, und er hofft, dass Corona ihm nicht einen fetten Strich durch die Rechnung macht. Auch zum zweiten Coversong darf er was sagen. Er habe das unwahrscheinliche Glück gehabt, einen der besten Metalsänger aller Zeiten persönlich zu treffen, nämlich Ronny James Dio (R.I.P.). Und das sei ein so überaus angenehmer Mensch ohne irgendwelche Stallallüren gewesen, dass es ihm eine Ehre sei, heute das Korry Shadwell-Cover von Holy Diver spielen zu können. Da können sich die vier dann auch auf lautstarkes gemeinsames Absingen vor der Bühne verlassen.

Nachdem Korry Shadwell für den Rock-Anteil auf dem Steel Meets Steel gesorgt haben, dürfen Agamendon die Death Metal-Fahne hochhalten. Und der gleiche Schlagzeuger, der gerade noch bei Korry Shadwell das Drumset bearbeitet hat, darf jetzt gleich nahtlos wieder ran. Da ziehe ich mal meinen Hut! Apropos Hut, den hat auch Sänger Julian auf. Nicht nur er kommt mit seinem Nadelstreifenanzug eher so daher, wie man sich einen Gangster im Amerika der 30er Jahre vorstellt (mir fällt schlagartig der Film Die Unbestechlichen ein). Die Story dazu findet sich übrigens auf der Homepage von Agamendon. Mit Albumveröffentlichungen haben sich die Männer, um’s mal so zu sagen, vornehm zurückgehalten. Und so finden sich auf der Setliste überwiegend Songs der Alben aus den Jahren 2004, 2008, 2011 sowie der EP aus 2014. Aber Death Metal ist ja zeitlos, und so können auch Songs wie Downwards, Toxic Zombie, Outbreak oder New Economy für einen ordentlichen Moshpit vor der Bühne sorgen. Die Leere im CD-Regal soll aber natürlich ein Ende haben, und die Jungs posten schon seit geraumer Zeit immer mal wieder aus dem Studio. Da sind sie gerade fleißig am Werkeln und können heute schon einiges vom dem präsentieren, was uns auf dem neuen Album erwartet. Beim Songtitel Agoraphobie musste ich dann erstmal googeln, aber unter Platzangst leidet heute wohl keiner, der direkt vor der Bühne steht, denn da müssen wir mit den wild moshenden Menschen direkt hinter uns doch ziemlich zusammenrücken. 😀

Und dann kommt endlich die Band, auf deren Auftritt ich mich mächtig gefreut habe. Die Männer von Moribund Oblivion waren mitsamt ihrer Begleitung schon weit vor meiner Ankunft am Gelände eingetroffen. Und so ruhig, wie ich sie die gesamte Zeit über erlebt habe, machen sie sich auch für ihre Show bereit. Auch das Quartett gibt’s schon über 20 Jahre, und während dieser Zeit waren sie auch sehr fleißig, was Releases betrifft. Aus insgesamt sieben Full-Length-Alben eine Setliste mit 10 Songs zusammenzustellen, hat sicherlich was länger gedauert, aber sie haben tatsächlich eine ziemlich gleichmäßige Verteilung geschafft. Mit The Spawning Of The Avanger und Kayboldum geht’s zurück ins Jahr 2007, Machine Brain ist noch älter und stammt aus 2005. Geҫip Gittim, Yok und Tut Elinden führen uns zum Album Manevi aus 2013. Vom 2015er Album Turk stammen Grand Legacy und Red Flag Fluttered. Das letzte Album, Endless aus dem Jahr 2020, wird nur mit einem Track, nämlich Price Of Defeat bedacht. Aber so, wie der Death Metal von Agamendon zeitlos ist, ist es natürlich auch der Black Metal der türkischen Band. Und so könnte ich auch noch nicht einmal sagen, wie lange die Show von Moribund Oblivion gedauert hat, aber sie hätte gern noch was länger dauern dürfen. Irgendwann verabschieden die Männer sich allerdings und verlassen die Bühne.

Eigentlich wären jetzt noch Skanners dran gewesen, aber die mussten ja leider zu Hause bleiben. Also gibt’s die allerletzte Ansage des Abends. Und da dürfen wir die freudige Nachricht vernehmen, dass es natürlich mit dem Steel Meets Steel weitergeht. Die nächste Ausgabe wird allerdings nicht mehr an diesem Ort stattfinden, die neue Veranstaltungsstätte wird heute aber noch nicht bekanntgegeben. Da sollte man also die verschiedenen Kanäle des Festivals im Auge behalten.

Im kleinen Zelt hat bereits DJ Benne sein Programm gestartet, und die meisten bleiben auch noch auf dem Gelände. Da ich aber so zügig wie möglich an die Fotos gehen will, es sind irgendwas mit 1300 geworden, mache ich noch eine letzte Runde, bevor ich mich auf die Heimfahrt mache.

Die kompletten Fotostrecken gibt’s wie immer auf https://heike-leppkes-konzertfotos.de

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