Eine Band auf einer der Streamingplattformen zu hören, ist ja eine Sache. Da ist das meiste schön produziert, gemixt und gemastert. Wenn ich dann aber erleben darf, wie das Ganze live umgesetzt wird, und wie gut die jeweiligen Akteure dann auf der Bühne performen, offenbart sich das ganze Talent. Dabei geht es mir weniger um so etwas wie Interaktion mit dem Publikum, denn das gehört bei manchen Genres sowieso nicht zum Plan (zum Beispiel beim Post Rock). Aber wie teilweise Künstlerinnen und Künstler, die irgendwas um die 20 Jahre alt sind, ihre Instrumente (inklusive Gesang) beherrschen, ist für mich immer wieder bemerkenswert. Lange Rede, kurzer Sinn, hier sind einige meiner Highlights der letzten Shows.
Black Sapphire (Melodic Metal, Power Metal aus Essen, Deutschland)
Den Bandnamen habt ihr sicherlich schon in unserem Konzertbericht von Monoliths Releaseshow gelesen. Ich möchte das Quintett aber doch noch einmal vorstellen. Ich bin ja eher auf der Extreme Metal-Schiene unterwegs und bei Melodic Metal drifte ich geistig auch mal ab, wenn das Tempo nicht variiert, die Melodien nach Schema F zusammengefrickelt werden und irgendwie doch ein Song wie der andere klingt (ok, das kann in anderen Genres natürlich auch passieren). Aber Eintönigkeit ist das Ding von Black Sapphire sowieso nicht. Die verpassen ihren Tracks auch gern mal einige Progressive-Elemente und sind auf der gerade für dieses Genre so wichtigen Position am Mikro bestens besetzt. Denn Gabriel kann mit einer klaren und kraftvollen Stimme punkten, gibt aber auch gern der gut aufgelegten Instrumentenfraktion den entsprechenden Raum.
Substation (Metalcore aus Hamburg, Deutschland)
Substation stehen tatsächlich schon länger auf meiner Musiktipps-Liste, entdeckt hatte ich sie nämlich schon im Dezember 2019. Da spielten sie im Rahmen ihrer Hollywood Vibes Tour eine sehr geile Show in Essen, mit der sie bewiesen haben, dass Hamburger alles andere als sture Hanseaten sind. Und nachdem sie mich jetzt zwei Mal eingeladen hatten, bei ihren Shows in Köln dabei zu sein, wird’s endlich mal Zeit, sie euch vorzustellen. Gegründet wurde die Band bereits im Jahr 2013, bewegte sich aber in den ersten Jahren musikalisch eher im Trancecore. Das änderte sich mit der im Jahr 2021 veröffentlichten EP Revive, der noch einige Singles folgten. Einer der Songs, nämlich Dead Souls, hat es auf Spotify auch tatsächlich auf über 53000 Streams gebracht! Und nicht nur auf den verschiedenen Social Media-Kanälen sind die Jungs sehr präsent, sie laden auch immer wieder ihr Equipment ins Auto und fahren in die verschiedensten Ecken von Deutschland, um vor der Bühne für fette Circle Pits und Walls of Death zu sorgen. Dabei haben sie augenscheinlich immer mindestens genauso viel Spaß, wie das Publikum.
Savage Mountain (Modern Metal, Extreme Metal aus Dortmund, Deutschland)
Dass ich dieses Trio hier nennen kann, verdanke ich Substation, die sich mit dem Trio die Bühne des MTC in Köln geteilt hatten. Savage Mountain ist tatsächlich ganz frisch am Start. Ich habe sie in Köln bei ihrer zweiten Show überhaupt erlebt, und auf Spotify findet sich bislang auch erst ein Song. Aber vielleicht wird ja der eine oder andere der Songs, die die Jungs in Köln gespielt haben, auch noch den Weg auf die heimische Anlage finden. Was die Jungs da im MTC abgeliefert haben, war auf jeden Fall ganz großes Kino, und ich wusste echt nicht, welchem Bandmitglied ich meine Aufmerksamkeit schenken sollte. Sänger Erik beherrscht nicht nur sehr geile Growls, sondern auch die selten eingesetzten Clean Vocal-Parts, während Gitarrist Adrian die Saiten seines Instruments so bravourös zum Klingen bringt. Als Schlagzeugfan hatte ich aber natürlich während der Show auch des Öfteren Augen und Ohren bei Joshua, der so unfassbar entspannt aussah, während er seine Blastbeat-Attacken fuhr. Deathcore/Metalcore/Progressive Metal mit einem kleinen Hardcore-Einschlag auf sehr hohem Niveau!
Greh (Blackened Death Metal aus Karlsruhe, Deutschland)
So, wie Savage Mountain, treten auch Greh als Trio auf und sind mit Martin (Gesang), Gjero (Gitarre) und Maurice (Schlagzeug) seit 2023 in dieser Minimalbesetzung am Start. Schon kurz nach der Bandgründung haben sie ihre 5-Track-Debüt-EP Reversion Of The Repressed veröffentlicht, und ihr Debütalbum Dysphoric Devotion erscheint am 15.01. Dafür, dass die Jungs es neben den vielen Auftritten, die sie in ganz Deutschland schon gespielt haben (und noch spielen werden), geschafft haben, die Scheiben zu produzieren, haben sie definitiv meinen Respekt. Und wie sie die Songs mit ihren so wechselhaften Stimmungen zwischen Traurigkeit und Schwere mit einer gehörigen Portion Groove und auch Dissonanzen live umsetzen, ist beeindruckend. Ich brauchte nach ihrer großartigen Show in Köln jedenfalls einige Minuten, um wieder im Hier und Jetzt anzukommen und freue mich jetzt schon darauf, sie Ende Mai beim Doomed To Death-Festival in Solingen wiederzusehen.
Atomic Peat (Stoner Metal, Heavy Rock aus Osnabrück, Deutschland)
Das Osnabrücker Power-Trio Atomic Peat hatte ich bei einer der vom großartigen Team des Ruhrdyne e.V. organisierten Shows entdeckt. Die Männer haben mit ihrer unbändigen Energie nicht nur für wilde Moshpits gesorgt, sondern auch die Location in ihren Grundfesten erschüttert. Und ich kriegte beim Fotografieren das Grinsen nicht aus dem Gesicht, denn eine dermaßen exzessive Spielfreude gepaart mit einem so dermaßen virtuosen Umgang mit den Instrumenten, wie die Männer das zeigen, sehe auch ich nicht alle Tage. Dass dann auch das wunderbare Team vom atMOERSphere das Trio zu einer Show einlud, bei der ich selbstverständlich dabei war, hat mich dann sehr gefreut. Seit dem Jahr 2011 bringen die Männer ihre druckvollen Songs zur geneigten Hörerschaft und haben in 2016 ihr Debüt Octophobia veröffentlicht. Am 20.02. erscheint der Nachfolger Demons And Other Friends, und einen Vorgeschmack darauf kann man sich bereits gönnen.